Sprache, Titel und Protokoll im Tōyō no Teikoku
Das Tōyō no Teikoku unterscheidet im offiziellen Sprachgebrauch nicht zwischen einer allgemeinen Alltagssprache und einer eigenen Hofsprache im engeren Sinne. Stattdessen existiert eine deutlich erkennbare, ritualisierte Form des Ausdrucks, die in offiziellen, kultischen und administrativen Kontexten verwendet wird. Diese Form wird als „Hofton“ bezeichnet (Naikyū-go, 内宮語 – Sprache des inneren Palasts).
Grundprinzipien des Hoftons
Der Hofton ist keine eigene Sprache, sondern eine geregelte Ausdrucksweise innerhalb der Standardsprache des Reiches. Er dient der Darstellung von Ordnung, Hierarchie und kultischer Zurückhaltung. Seine Anwendung erfolgt insbesondere im Umfeld des Hofes, in der Verwaltung, bei öffentlichen Anlässen und in offiziellen Dokumenten.
Die wichtigsten Merkmale sind:
- Vermeidung der ersten Person Singular („ich“). Stattdessen wird in Rollenform oder im Passiv gesprochen: „Die Kammer hat gehört“, „Es wurde vernommen“.
- Keine direkten Befehle oder Fragen. Statt „Tu dies“ heißt es „Es ist geboten, dass dies geschieht“. Statt „Warum?“ wird formuliert: „Ist der Grund bereits bekannt?“ oder „Das Licht hat den Ursprung noch nicht gezeigt?“
- Verwendung zeremonieller Titel anstelle von Namen. Personen werden nach Funktion oder Amt benannt (z. B. „Die Gedämpfte Klinge“, „Die Stimme der Außenfläche“, „Das Gesicht der Kaiserin“).
- Verwendung festgelegter Floskeln zum Abschluss oder zur Bestätigung (z. B. „Das Wort hat Gewicht gefunden.“, „Der Gedanke wurde getragen.“).
- Stark reduzierte Verwendung von Fragezeichen, Ausrufezeichen oder emotionalen Wendungen. Aussagen sollen getragen, ruhig und eindeutig formuliert sein.
Titel und Anreden
Am kaiserlichen Hof ist es unüblich, Personen mit ihrem bürgerlichen Namen anzusprechen. Stattdessen werden ausschließlich Amts- oder Funktionstitel verwendet. Diese Titel sind rituell kodiert und häufig mehrdeutig oder poetisch formuliert. Beispiele:
- Shōtoku no Koe (Stimme der erkannten Klarheit)
- Kao-no-Omote (Das Gesicht des Gesichts)
- Yomiyaku no Wa (Kreis der Deutung)
- Nugikake no Tō (Die angelegte Klinge ohne Ton)
- Tentai no Wakeri (Verteilung der himmlischen Körper)
Diese Titel gelten sowohl als Anrede wie auch als Signatur in offiziellen Dokumenten.
Die Kaiserin selbst wird in unterschiedlichen Kontexten mit verschiedenen Ehrentiteln bedacht, etwa:
– „Ihre Erleuchtete Majestät“
– „Die Strahlende des Himmels“
– „Ten’onka Himeka“ (Stimme des Himmels in Menschenform)
– „Himiko no Kage“ (Schatten des Sonnenkindes – für liturgische Zwecke)
Sprachliche Hierarchie
Die Verwendung des Hoftons ist nicht verpflichtend, aber kontextgebunden. Wer in einer offiziellen Funktion handelt, insbesondere innerhalb des Hofes oder der höheren Verwaltung, verwendet diese Ausdrucksweise. Auch im Rahmen von Auslandsmissionen oder in diplomatischen Gesprächen wird häufig auf den Hofton zurückgegriffen, um die Würde und Ordnung des Reiches zu wahren.
In der täglichen Kommunikation der Bevölkerung dominiert eine formale, aber einfachere Hochsprache. Der Hofton ist bekannt, aber bleibt meist auf offizielle und kultische Sphären beschränkt.
Schriftgebrauch
Offizielle Dokumente, kaiserliche Dekrete, Hofverlautbarungen und Ritualtexte werden in einer kalligrafisch betonten Form mit rituellen Wendungen abgefasst. Sie enthalten häufig keine direkten Subjekte, vermeiden persönliche Pronomen und nutzen wiederkehrende Formelstrukturen. Die Gestaltung folgt stilistischen Vorgaben der Stillen Kammer (Shizuka no Ma).
Bedeutung für das Reich
Der Hofton ist Ausdruck des Selbstverständnisses des Tōyō no Teikoku: Ordnung, Zurückhaltung, Form. Er trennt nicht durch Sprache, sondern durch Stil. Wer ihn beherrscht, zeigt Zugehörigkeit zur Ordnung – nicht durch Lautstärke, sondern durch Haltung.
Beispiele:
Alltagssprache | Hofton |
---|---|
Ich habe verstanden. | Es wurde aufgenommen, was gesagt wurde. |
Wir danken dir. | Der Dank hat seine Richtung gefunden. |
Darf ich sprechen? | Wird das Wort der Randlinie gehört? |
Ich stimme zu. | Das Bild zeigt Einverständnis. |
Bitte beginnt. | Es ist geboten, dass der erste Ton fällt. |