Kodex des Internationalen Gewohnheitsrechts

Präambel

Seit Jahrhunderten haben sich zwischen den Staaten Grundprinzipien des Umgangs entwickelt, die unabhängig von formellen Abkommen gelten. Diese Regeln sind durch jahrzehntelange Praxis, gegenseitige Anerkennung und wiederholte Bestätigung zu verbindlichem Gewohnheitsrecht geworden. Jeder Staat wird erwartet, diese Grundsätze zu achten, sofern er nicht ausdrücklich und öffentlich widerspricht.

I. Grundprinzipien

  1. Souveränität und Gleichheit
    Jeder Staat ist souverän und gleichberechtigt, ungeachtet Größe, Bevölkerung, Regierungsform oder wirtschaftlicher Stärke.

  2. Unverletzlichkeit der Grenzen
    Grenzen dürfen nicht gewaltsam verändert werden; Veränderungen erfolgen nur im gegenseitigen Einvernehmen.

  3. Gewaltverbot
    Die Anwendung militärischer Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates ist untersagt.
    Ausnahme: Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff oder Maßnahmen, die auf einem anerkannten multilateralen Beschluss beruhen.

  4. Nichteinmischung
    Keine staatliche Einmischung in innere Angelegenheiten eines anderen Staates ohne dessen Zustimmung.

II. Rechte und Pflichten

  1. Schutz der Bevölkerung
    Staaten sind verpflichtet, grundlegende Menschenrechte zu wahren und Massenverbrechen wie Völkermord, ethnische Säuberung oder systematische Folter zu unterlassen.

  2. Verantwortung für Handlungen außerhalb des eigenen Territoriums
    Staaten tragen Verantwortung für die Handlungen ihrer Streitkräfte, Geheimdienste oder anderer Organe – auch im Ausland.

  3. Wirtschaftliche Fairness
    Handel, Investitionen und Ressourcenverteilung erfolgen nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit und Fairness.

  4. Gemeinsame Räume
    Hohe See, Lufträume über internationalen Gewässern, Weltraum und vergleichbare Bereiche gehören keinem Staat und dürfen nur friedlich genutzt werden.

III. Streitbeilegung und Durchsetzung

  1. Vorrang der Diplomatie
    Streitigkeiten sind zunächst durch direkte Verhandlungen, Vermittlung oder Schlichtung zu lösen.

  2. Reaktion auf Verstöße
    Bei klaren Verstößen gegen das Gewohnheitsrecht gilt die abgestufte Praxis:
    a) Öffentliche Rüge
    b) Wirtschaftliche oder politische Gegenmaßnahmen
    c) Kollektive militärische Maßnahmen nur bei klarer Bedrohung der internationalen Sicherheit.

  3. Anerkennung und Bindung
    Das Gewohnheitsrecht ist bindend, solange nicht ein Staat konsequent und ausdrücklich dagegen handelt und diese Haltung von der Staatengemeinschaft hingenommen wird.