Azcapotek ist kein Staat unter vielen. Es ist das fortbestehende Zentrum einer nie besiegten Zivilisation – geordnet, eigenständig, unerbittlich. Zehn Regionen, die Altepemeh, behalten kulturelle Prägung, stehen aber unter gemeinsamer Form.
Eine klassische Verfassung gibt es nicht. Geltung entsteht im Yancuīc Huehueyolotl, dem schriftlich gefassten Kern der Staatslehre: ein Kanon aus Text, Ritus und Wiederholung. Entscheidend ist nicht das Wort, sondern seine Verankerung im Zeremoniell, in Bauwerken, in der Liturgie der Macht.
Grundlage allen staatlichen Handelns ist das Teōltikpak, die geformte Einheit von Erde, Regierung und Geltung. Es ersetzt Diskussion durch Struktur, Zweifel durch Form.
An der Spitze steht der Tlahtoani, er ist nicht gewählt, sondern ins Amt geboren. Seine Legitimität gründet auf Abstammung, kultischer Prüfung und der Zustimmung des Ordens der Obsidianherzen. Er ist kein Ausgleicher, sondern der formgebende Kern des Reiches.
Ihm unterstehen die Texōtl-Ministerien, die regionalen Sprecher der Altepemeh sowie kultisch bestätigte Instanzen der Kontrolle. Der Tlahtoani ist Oberhaupt des Staates. Er stammt aus erblicher Linie und wird kultisch bestätigt. Seine Anordnungen sind bindend.
Azcapotek führt keine Angriffskriege. Es sichert seine Ordnung, hält Einflussräume stabil und reagiert auf Störungen entschlossen. Außenbeziehungen erfolgen zu klaren Bedingungen. Die innere Ordnung steht nicht zur Disposition.
Die Jadeföderation ist kein Staat im westlichen Sinn. Sie ist ein Machtkörper mit eigener Logik
Flagge

Begriffserklärung: Teōltikpak
Teōltikpak ist eine neokultische Verschmelzung der klassischen Nahuatl-Begriffe Teōtl („göttliche Kraft“) und Tlāltikpak („auf der Erde“).
Wörtlich bedeutet es „das Göttliche im Irdischen“, in der Staatslehre Azcapoteks jedoch beschreibt es die bindende Wirklichkeit der Ordnung, wie sie im Yancuīc Huehueyolotl niedergelegt, vollzogen und ständig vergegenwärtigt wird.
Teōltikpak ersetzt Diskussion durch Struktur und Zweifel durch Form.
Der Tlahtoani gilt nicht als Prophet, sondern als Vollstrecker des gültigen Zustands – was er ausspricht, verleiht Form und damit Geltung. Diese Ordnung ist nicht symbolisch, sondern normgebend: Sie wirkt durch Rituale, Verkündungen, Inschriften und Protokolle.
Yancuīc Huehueyolotl – Das neue alte Herz
Das Yancuīc Huehueyolotl ist der geschriebene und zugleich lebendige Kern der Jadeföderation. Es ersetzt eine klassische Verfassung, doch es existiert nicht nur in Geist und Ritual: Es ist niedergeschrieben, gesiegelt und bewahrt, als mehrbändiger Kodex, der in Cemanahuac und den zehn Altepemeh aufbewahrt wird.
Diese Schriften gelten als atmend: Sie werden fortgeschrieben, geschichtet und ergänzt, niemals überarbeitet oder gestrichen. Jede neue Zeile entsteht in Anwesenheit der Obsidianherzen und wird mit einem Atemritus bekräftigt.
Die jüngste Abschrift, das Huey Amoxpan Tlāltikpak („Großes Buch der Erde“), umfasst 112 Tafeln aus veredeltem Basalt, deren Glyphen mit Kalkstaub und Cacaofett ausgelegt sind. Sie ruhen in der zentralen Kammer des Tēcpān Motēucayotl, unter kontrollierter Temperatur und strenger Ritualaufsicht.
Aufbau und Bestandteile
1. Die Herzreden (Tlatolayotl Yollotzin)
Alle großen Reden des Tlahtoani werden verschriftlicht, sobald sie gesprochen wurden. Ihre Worte werden mit Zustimmung des Ordens der Obsidianherzen in das Huey Amoxpan eingetragen, inklusive Datum, Ort und Opfergabe.
Die ältesten Reden stammen aus der Gründungszeit der Föderation; sie werden jährlich im Vollzyklus der Sonne rezitiert.
Die Niederschrift gilt als gültig, sobald die letzte Glyphe von Xochimani Cuetlachtli oder seinem Amtsnachfolger gesiegelt wurde.
2. Die Sechs Bindungen (Chicuace Tlāzohketzal)
Die sechs Maximen sind vollständig im Kodex erhalten, jeweils in der Originalform und mit Randglossen aus den Archiven von Mictlampa. Jede neue Auslegung oder Kommentierung wird auf separaten Tafeln hinzugefügt, nicht auf der Urschrift selbst.
Diese Bindungen bilden die Grundlage jeder juristischen und administrativen Handlung.
Nach jeder Amtseinsetzung muss jede Ministerin und jeder Minister eine der sechs Bindungen vorlesen und ihre Bedeutung in eigener Sprache erklären – ein Akt, der zugleich Prüfung und Bekenntnis ist.
3. Die stehende Lehre (Tlālli Tlahtolli)
Die in Stein und Metall gefassten Inschriften werden zusätzlich registriert. Jedes Bauwerk mit heiliger Inschrift erhält einen Eintrag im Verzeichnis der Geltungsorte, das im Archiv von Zolpilli geführt wird.
Jede Beschädigung oder unautorisierte Ersetzung eines Inschriftsteins zieht ein Verfahren wegen Verstummung der Form nach sich. Das Entfernen solcher Zeichen wird in den Aufzeichnungen als Klagender Riss vermerkt.
4. Die archivierten Richtsprüche (Amoxcalli Teōtlān)
Jede juristische Entscheidung, die auf kultischer oder politischer Ebene bindend wurde, wird als Richtspruchtafel in dreifacher Ausfertigung erstellt:
– eine Kopie für das Hauptarchiv von Cemanahuac,
– eine für das zuständige Altepemeh,
– eine für den Obsidianorden zur Prüfung der Geltung.
Diese Tafeln sind nummeriert und bilden den physischen Unterbau des rekonstruktiven Rechts. Jede neue Entscheidung muss mindestens drei alte Richtsprüche zitieren, um anerkannt zu werden.
5. Die ungeschriebenen Prinzipien (Tlanepantla Neliayotl)
Auch sie werden verzeichnet, wenn auch nur indirekt. Beobachtete, wiederkehrende Formen werden jährlich in den Berichten über gelebte Geltung festgehalten. Diese Berichte werden im Haus der Atemhüter gesammelt – dort, wo Sprache als Handlung gilt.
Sie bilden das Gegenstück zur Kodifizierung: eine lebendige Chronik des Vollzugs, kein Gesetzestext, sondern ein Beweis des Rhythmus.
Verwaltung und Bewahrung
Die physische Pflege des Yancuīc Huehueyolotl liegt beim Texōtl für Archiv und Rechtsform unter Leitung von Xochimani Cuetlachtli.
Er bestimmt, welche Texte eingraviert, erneuert oder vorübergehend verborgen werden. Nur der Tlahtoani darf den Kanon öffnen; niemand sonst besitzt die Autorität, die Tafeln umzublättern.
Das Dokument wird nicht öffentlich ausgestellt, sondern in Abschriften verbreitet, deren Umfang je nach Region variiert. Die vollständige Fassung darf nur innerhalb der Regierung gelesen werden; öffentliche Fassungen enthalten symbolische Kürzungen oder Lücken.
Geltung
Das Niedergeschriebene gilt als heilig, aber nicht starr. Wenn eine neue Wahrheit entsteht, wird sie nicht gelöscht, sondern daneben gesetzt, als zweite Stimme. So wächst der Kanon in Schichten, wie die Erde selbst.
Kein Band wurde je geschlossen; es heißt, das Yancuīc Huehueyolotl werde enden, wenn der Atem der Föderation selbst endet.