Fünf Säulen des Reiches

Die Ordnung des Tōyō no Teikoku ruht nicht auf einem Gesetzbuch, sondern auf fünf Säulen. Sie sind nicht niedergeschrieben, aber bekannt. Nicht verpflichtend, aber wirksam. Wer sich innerhalb dieser fünf bewegt, gilt als Teil des Bildes.

  1. Die Kaiserin (Ten’onka)
    Sie ist keine politische Führerin, sondern der Mittelpunkt aller Bewegung. Ihr Dasein ist Ursprung und Grenze des Sagbaren. Sie wird nicht angebetet, aber geehrt , durch Nachahmung, Haltung, Stille. Ihre Erscheinung markiert Feiertage, Riten, Übergänge.

  2. Shintō (Form des Ursprungs)
    Der Weg der Götter ist kein Glaube, sondern eine Praxis. Schreine stehen an Knotenpunkten, zwischen Stadt und Berg, Straße und Haus, Leben und Tod. Man bittet nicht, man dankt. Es gibt Feste, Opfer, Reinigungen, aber keinen Missionsgedanken. Kami sind anwesend, nicht erklärbar.

  3. Bushidō (Pfad der Haltung)
    Der Kriegerkodex ist keine Pflicht, sondern ein Maßstab. Auch wer kein Schwert trägt, kennt Begriffe wie Selbstbeherrschung, Loyalität, Klarheit. In Schulen, Büros und Werkstätten zirkulieren Lehren aus dem Bushidō , nicht als Befehl, sondern als Bild. Besonders in Verwaltung und Militär gilt er als unausgesprochene Richtschnur.

  4. Zyklus und Zeit (Reihenfolge des Bestehenden)
    Das Jahr ist keine Gerade, sondern ein Kreis. Feste richten sich nach Mondläufen, Sternbildern, Hofkalendern. Es gibt keine Nationalfeiertage, aber eine Vielzahl an Tagen, die etwas markieren: Erntebeginn, Stillstand des Winds, Rückkehr einer Linie, Schweigetag. Viele Regionen haben eigene Festkreise, doch alle fügen sich in den großen Zyklus ein.

  5. Ahnen und Linie (Vergangenheit im Jetzt)
    Jeder Mensch steht in einer Folge. Diese Linie kann familiär, beruflich, rituell oder geistig sein, doch sie existiert. Vorfahren werden nicht angebetet, aber benannt. Ihre Namen stehen in kleinen Schriftrollen, in Wänden eingraviert, in Atempausen ausgesprochen. Wer seine Linie kennt, spricht mit Gewicht.

Feste und Feiertage

Große öffentliche Rituale finden selten statt, sind aber präzise inszeniert. Die wichtigsten sind:

  • Tag des Ersten Lichts (Neujahr im Hofkalender), Besuch beim nächstgelegenen Schrein, Reinigung der Eingangsräume, stilles Niederknien bei Sonnenaufgang.
  • Reinigungsfeste (Setsubun-Äquivalente), Regionale Auskehrungen von Altem, oft mit maskierten Tänzern, dumpfen Trommeln und dem Verbrennen von Schriftstücken.
  • Tage der Stille  Tage ohne Musik, keine offiziellen Erklärungen, kein Verkehr über Land. Gilt als kollektive Zurücknahme, besonders nach schweren Jahren.
  • Geburtstag der Kaiserin Kein Feiertag im westlichen Sinn, sondern Anlass für rituelle Kleidung, gehobene Sprache, öffentliche Zurückhaltung. Keine Gratulation, sondern Spiegelung.
  • Schwertfest der Nordlinie Gedenkt der Verteidigung der Reichsgrenze. Offizielle Paraden ohne Jubel, stille Waffenaufstellungen, Lesungen aus dem Bushidō.

Religion im Alltag

Es gibt keine religiöse Vorschrift, keine Zugehörigkeit im westlichen Sinn. Der Shintō prägt den Raum: Man reinigt sich vor dem Eintritt, weicht aus bei Schreinen, legt Münzen, faltet Hände. Götter sind nicht Thema, sondern Gegenwart. Tempel stehen offen, werden aber nicht beworben.

Buddhistische Schulen existieren, meist als Träger von Bestattungsriten oder philosophischen Akademien. Christliche oder westlich inspirierte Religionen werden geduldet, aber gelten als „ohne Ort“, sichtbar, aber selten eingebunden.

Privater Glaube wird nicht verfolgt, aber auch nicht ausgezeichnet. Wer religiös lebt, lebt ruhig.

Tod, Trauer und Erinnerung

Der Tod ist im Tōyō no Teikoku kein Ende, sondern ein Wechsel der Form. Wer stirbt, verlässt nicht das Bild, sondern verändert seine Stellung darin. Die Grenze zwischen Lebenden und Verstorbenen ist nicht scharf, sondern durchlässig, nicht als Geisterglaube, sondern als Ordnung der Erinnerung.

Bestattungen folgen regionalen Unterschieden, doch in der Regel wird verbrannt, nicht begraben. Die Asche wird entweder in einem familiären Urnenhaus verwahrt oder in einem Fluss freigegeben, je nach Linie, Ort und Wunsch. Öffentliche Beileidsbekundungen sind selten. Wer trauert, zieht sich zurück. Wer kondoliert, spricht nicht.

Es gibt keine staatlichen Trauertage, aber viele stille Daten: Der Tag der Rückkehr (nach 49 Tagen), der Tag der Linie (einmal im Jahr, abgestimmt auf den Ahnenkreis), und der Tag des Schattens (ein individueller Gedenktag, meist ohne Erklärung). In vielen Familien gibt es kleine Altäre, oft schlicht, mit Wasser, Licht und einem Schriftzeichen. Dort wird nicht gebetet, sondern innegehalten.

Der Name eines Verstorbenen wird nicht ausgelöscht, aber verändert. Er erhält eine Nachsilbe, die seine Rolle im neuen Zustand bezeichnet, etwa -ei (影, Schatten), -on (音, Ton) oder -yu (幽, still). Öffentliche Erwähnungen erfolgen nur in formalem Kontext. Das Sprechen über Verstorbene ist erlaubt, aber nie beiläufig.

Wer verschwindet, sei es durch Tod, Entzug oder Entfernung, wird nicht ersetzt. Es entsteht keine Lücke, sondern eine Stille. Diese Stille wird nicht gefüllt, sondern gehalten.